Der besorgte Brenner und die Reinzuchthefe

War ja klar: im Baumarkt gab es noch haufenweise 60-Liter-Plastikfässer (und natürlich keine Fahrstühle. Seufz) und somit kam ich aus der Nummer mit den Äpfeln nicht mehr raus. Ich habe also alles, was nach Apfel aussah eingesammelt und von den Bäumen gepflückt. War gar nicht mal so wenig:

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Das sind Bio-Äpfel, frei von Dünger, Unkrautvernichter oder sonstiger Chemie. Entsprechend sehen sie auch nicht aus wie die Heidi-Klums der Apfelwelt. Ich würde ja gerne behaupten, dass sie dafür mit ihren inneren Werten glänzen, aber ich befürchte, das gilt noch nicht mal für die Äpfel, an die sich ein Wurm gewagt hat. Das waren zwar ein paar, aber man sah auch, dass die Würmer recht schnell aufgegeben hatten. Zu recht, nehme ich mal an.
Das Waschen der Ernte ging noch relativ schnell, aber das Zerstückeln zog sich. Geschlagene zwei Stunden dauerte das alles. Gegen Ende war ich kurz davor den einen oder anderen Wurm, der es nicht rechtzeitig rausgeschafft hatte, in seinem gewohnten Umfeld zu lassen (grausame Morde an unschuldigen Würmern harmlos umschreiben kann ich), aber ich habe mich dann doch an die Regel „die Guten ins Töpfchen, der Rest in Nachbars Garten“ gehalten und am Ende sah das Ganze so aus:

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Ob das in dieser Form so funktioniert oder ob man die Früchte doch so richtig zermatschen muss… keine Ahnung. Immerhin war ich noch so clever und habe das halbe Internet bezüglich den wirklich relevanten Sachen durchforscht. Somit war ich also in Besitz eines Plastikfasses, eines „Gärspunds“ (genaugenommen sogar zwei: in dem blöden Fass was auch einer, was ich aber nicht wusste. Ach ja: wer nicht weiß, was ein Gärspund ist: Google weiß es und ich weiß, dass Google es weiß, denn auch ich habe dort nachgeschlagen. Wer weiß schon, was ein Gärspund ist, wenn man bisher nichts mit dem Kram zu tun hatte?), von Gartenhandschuhen (die braucht man nicht, aber das wusste ich zum Zeitpunkt des Einkaufs noch nicht. So im Rückblick ist mir auch nicht wirklich klar, an was ich dachte, für das Gartenhandschuhe in diesem Zusammenhang unentbehrlich seien. Benutzt habe ich sie letztlich, um die Winterreifen ins Auto zu laden. Immerhin waren sie somit mal im Einsatz) und ganz wichtig: von Reinzuchthefe. Auf der Rückfahrt vom Gartencenter war ich ein bisschen entsetzt über mich… ist es bei mir auch schon so weit? Bin ich ein „besorgter Brenner“, der eigentlich nichts gegen andere Hefen hat, ABER dann doch auf die Reinzuchthefe zurückgreift? Tatsächlich wäre die einzige Alternative sogenannte „Turbo“-Hefe gewesen. Die Welt der Hefen ist sonderbar, aber es gibt keine gemischte, geflüchtete oder migrierte Hefe und somit war immerhin mein Gewissen trotz der „Reinzuchthefe“ rein. Schade eigentlich, aber es zeigt, dass wie Welt der „besorgten Bürger“ in etwa auf dem gleichen Level ist wie die der Hefen. Sollte den „besorgten Bürgern“ zu denken geben, aber denken… auch da ist es ähnlich wie bei Hefe…

Es gibt übrigens noch andere Hilfsmittel, die den Gärprozess unterstützen sollen, so zum Beispiel irgendwas, das die Zellstruktur der harten Apfelschale knackt und so Kram, aber das klang mir alles zu sehr nach Frankenstein und ich hatte Angst, dass ich in meiner Garage versehentlich neues Leben erzeuge. Das einzige bisher von mir erzeugte Leben ist momentan in der Pubertät und das muss ich nicht nochmal haben.

Das Apfelmassaker war gestern, die Hefe ist auch drin und das Fass steht inklusive Gärspund (Na? Schon gegoogelt?) in der Garage und tatsächlich blubbert es ein bisschen! Es tut sich also etwas – was immer dieses etwas ist. Das Schöne: meine Arbeit ist vorerst erledigt: blubbern muss das jetzt von ganz alleine und man sagt, es ist wie beim Kochen: nicht ständig den Deckel lupfen, sonst wird das nix. Also lass ich die Finger vom Fass und harre der Dinge. Die Finger von Sachen lassen und sie ignorieren? Das ist ja wie bei Dingen wie „Aufräumen“, „Rasen mähen“ und „Endlich diese blöde Matratze rausbringen, die die ganze Zeit nur im Weg ist!“… das kriege ich locker hin.

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