El helado Brausewetter

Essen und Trinken sind wichtige Themen in der spanischen Kultur. Das geht so weit, dass man sogar eine Ortschaft nach einer Eissorte benennt: Malaga.

Malaga liegt in Andalusien, direkt an der Costa del Sol. Es gibt zwei Häfen: einen Handels- und einen Flughafen. Alles halbwegs Wichtige, was es in Malaga gibt, ist nach Picasso benannt, denn der kam von dort. Dass er sich später verkrümelt hat, nimmt man ihm wohl nicht weiter übel – oder es gibt anscheinend keine anderen Persönlichkeiten, die man irgendwie mit Malaga verbinden und werbewirksam einsetzen könnte. Wikipedia sagt, Antonio Banderas käme von hier. Den hätte man noch nehmen können. Aeoropuerto Banderas. Oder – auch das sagt Wikipedia: Hans Brausewetter! Das wäre doch mal ein cooler Name: Aeropuerto Brausewetter. Was für ein Spaß beim Landeanflug: „We’re now aproaching Malaga Brausewetter.“ Oder auch (bei Regen): „Wir befinden uns nun im Landeanflug auf Brausewetter. In Malaga: Brausewetter“. Da können Banderas und Picasso doch nur abkacken. Theoretisch. Tatsächlich machte der Pinselschwinger und Bronzestatuenzimmerer das Rennen. Meinetwegen. Ist ja auch kein leichtes Leben, wenn man heißt, wie eine Spielkarte – und dann auch noch „nur“ das As einer zweitklassigen Farbe (wobei: was heißt „Bander“ auf Deutsch? Ist ja vielleicht noch mieser als Pik). Letztlich ist es mir auch egal. Die Filme von Brausewetter kenne ich alle nicht, die von Banderas kenne ich, mag ihn aber hauptsächlich als Stimme des gestiefelten Katers und den Rest der malagalesischen Promis sind mir auch mehr oder weniger unbekannt. Also gerne Picasso hier, Picasso da, Picasso überall. Könnte schlimmer kommen. Zu einem Eis hat es aber auch für ihn nicht gelangt. El helado Picasso… nirgends zu lesen. Der Name würde irgendwie auch nicht zu einem Eis passen – es sei denn es handelt sich um den Auswurf eines Engländers, nach durchzechtem Vormittag, mit viel Bier, Sangria und vier Gratis-All-incl.-Eis obendrauf, was dann wie buntes Halbgefrorenes am Poolrand… das hätte dann Farbkompositorisch was von Picasso… aber warum sollte man sowas einen Namen geben… und schon gar nicht Picassos Namen… aber egal. Reicht ja, wenn die Straßen und Plätze nach ihm benannt sind. Die Engländer-Eis-Kreation kann man ja nach Brausewetter benennen – El helado Brausewetter – damit der gute Mann doch noch zu Ehren kommt; wenn auch zweifelhaften.

Geht auf mich, Höhöhöhöhö.

Früher habe ich mich dem „All inclusive“-Phänomen beim Urlaub verweigert. Ich fand es erniedrigend, sich mittels eines grellfarbenen Bändchens identifizieren zu müssen, um von mitleidig lächelnden Angestellten ein 0,33l-Wasserfläschchen oder ein Bier im 0,2l-Plastikbecher über die Theke gereicht zu bekommen – zusammen mit einem Schnapsglas (natürlich aus Plastik) voller ranzig schmeckender Erdnüsse aus der Zeit, in der der Urlaubsort noch von der vorvorherigen Generation an Deutschen besetzt war. Das ist wahrscheinlich die Rache.

Es gibt allerdings die Momente, an denen man nichts tun. Tage, die man völlig unbeschwert erleben und sinnlos verplempern will, ohne dass man hinterfragt, ob das ok ist. Zeiten, in denen man über nichts nachdenken will und das dann auch tatsächlich durchzieht. Beamte kennen das als „Arbeitsalltag“ und genau das wollte ich auch mal erleben. Und wenn es bei mir schon nicht während der Arbeitszeit geht, dann halt im Urlaub. Also: All inclusive.
Ich muss gestehen: das hat was. Während um einen rum genervte Menschen mit nervigen nach Eis plärrenden Blagen das Kleingeld zählen – verzweifelt hoffend, dass es noch für das billigste Eis auf der schon vergilbten Langnese-Werbetafel reicht, halte ich, jovial lächelnd, mein am Handgelenk schlackerndes gelbes Bändchen in die Höhe und bekomme ruckzuck und ohne monetaren Einsatz ein 0,33l-Wasserfläschchen oder ein Bier im 0,2l-Plastikbecher. Einfach so. Das ist doch großartig! Ich bin begeistert. Man verkauft nur ein bisschen seiner Würde, kriegt ein Bändchen und schwupp ist man im Schlaraffenland, wo Getränke und Nüsschen in Plastikbechern in Hülle und Fülle zum Verzehr bereitstehen. Hammer. Den älteren deutschen Gästen muss man zu Anfang noch erklären, dass sie das Bändchen zwar zeigen müssen, aber bitte in dezenter Form und nicht so wie früher, wo noch alles besser war. Die meisten nehmen den Ratschlag auch gerne an und bedanken sich mit einem Bierchen. Im 0,2l-Plastikbecher. Natürlich mit dem bei All inclusive-Einrichtungen allgegenwärtigen: „Geht auf mich, Höhöhöhöhö.“

Im Stehen kotzende Engländer – demnächst präsentiert von Vera Int Veen

Es gibt ja so hartnäckige Klischees. Holländer sind ausschließlich mit Wohnwägen unterwegs, Polen klauen alles, was nicht niet- und nagelfest ist und der übliche Sommerurlaub eines Engländers besteht aus den klassischen drei „S“: Sonnenbrand, Saufen und, klar, Saufen. Wenn man in Spanien weilt kommt noch ein viertes „S“ in Form von Sangria dazu. Und wie das ist mit vielen Klischees: oft stimmen sie. Speziell bei den Engländern kann ich das bestätigen. Da gibt es morgens schon mal einen Alibi-Kaffee, aber das wars dann mit Antialkoholischem. Spätestens um 11 Uhr sind die Schleusen geöffnet und es wird geflutet. All inklusive sei Dank mit dem Billigstem, was die jeweils lokale Spirituosenindustrie unter großzügigster Auslegung der Gesetze gerade noch so als trinkfähig in den Markt kippen darf. So gehts direkt aus dem Abbeiztank in den englischen Rachen und von da ins vom Vortag ohnehin noch vernebelte Gehirn. Ein kurzer Zwischenstopp ist im Magen. Nun ist der englische Magen aufgrund der kulinarischen Gegebenheiten in der Heimat ja schon einiges gewohnt und – so sollte man meinen – einigermaßen robust, aber bei Schnaps streicht auch er irgendwann die Segel. Vor allem bei Dauerbeschuss. Und somit nimmt so manches nicht den gewohnten, sondern stattdessen den Rückwärtsgang. Wenn man magentechnisch angeschlagene Engländer um sich herum und Glück hat, ist der Bewegungsapparat noch soweit intakt, dass es für die Auswirkungen dieses umdrehten Einfüllprozesses noch zu einem Gang auf die Toilette reicht… ansonsten muss eben alles herhalten, was auch nur im Ansatz gefliest ist und das kann auch schon mal ein Pool sein.

Der Engländer heute hat es aber noch an den passendsten Ort geschafft. Allerdings reichte es nicht mehr, die Tür zu schließen. Somit konnte jeder, der anwesend war, Zeuge werden, wie man im Stehen pinkelnd zeitgleich auch noch kotzen kann. Das sollte eigentlich für einen Auftritt in irgendeiner RTL-Talent-Show reichen. Vera Int Veen ist wahrscheinlich schon auf dem Weg.

Ich hätte mir ein Autogramm holen sollen – jetzt, wo er noch nicht bekannt ist. Später wird er sich wahrscheinlich nicht mehr an mich erinnern. Kennt man ja: wenn sie mal bekannt sind, kennen einen die Schnösel nicht mehr, machen einen auf Megastar und sind großkotzig. Ok, letzteres war der Typ auch heute schon und ob das mit dem Star werden klappt, ist auch noch nicht sicher. Vera Int Veen hat sich ja gerade ein bisschen zurückgezogen.

Andererseits war mir nicht danach nach einem Autogramm zu fragen. Hatte Gründe…

Tarnhosenkauf im Motorradzubehörfachladen

Im Motorradzubehörfachladen, den ich zum Zwecke des Kaufs von Motorradzubehör aufgesucht hatte (es passte halt einfach: ich suchte Zubehör, die hatten welches…. Topf sucht Deckel und so), stand ein Mitglied eines hiesigen Motorradclubs vor mir an der Kasse. Man erkannte das unschwer am Emblem auf dem Rücken des Shirts, dem Wappen auf der Jacke, die er bei sich hatte und den Tattoos des Logos an diversen Körperstellen. Nun muss man wissen, dass dieser Club einen nicht unzweifelhaften Ruf genießt. Es geht da um Dinge im juristischen Graubereich und die meisten sind schon ein Spur heftiger als „Nicht kompletter Stillstand mit sich nicht mehr drehenden Reifen am Stop-Schild“ oder weibliche Polizistin „Bulette“ genannt. Und wie bei Rockerclubs üblich, sehen die Mitglieder meistens auch sehr martialisch aus. Den Leuten traut man zu, dass sie eine eigene Sprache sprechen, in der ein „Es tut mir leid, aber ich bin ja konträrer Ansicht“ wie ein gebrochener Kiefer klingt. Die Herren aus den Reihen dieser Clubs tragen oft Lederkluft, oder aber auch mal – am Casual Saturday – Tarnhosen.

Ich bin kein Fachmann für Tarnhosenkauf, aber mir dennoch ziemlich sicher, dass sie nicht unbedingt zum Standardsortiment des gemeinen Kleidungsfachhandels gehören und von US-Army oder der Bundeswehr geführten Bekleidungsgeschäften habe ich auch noch nicht gehört. Wo holt sich also der modisch interessierte Rocker die Tarnhose für den gepflegten Feierabend, wenn die Lederhose mal durchatmen darf (was sie sicher auch bitter nötig hat. Ich will den Herren Rocker ja nichts nachsagen, aber den ganzen Tag in Leder. Bei den Temperaturen. In direkter Nähe eines leistungsstarken und somit extrem aufgeheiztem Motor… da ist es nicht schwer sich mit einer Lederhose solidarisch zu zeigen, die mal durchatmen möchte) – na zum Beispiel in einem Motorradzubehörfachladen. Wobei… streng genommen ist eine Tarnhose kein Motorradzubehör, aber man muss ja nicht päpstlicher sein als der Papst und die Honda mal in der Kirche lassen. Tarnhosen in Motorradzubehörfachläden sind ok! Und der Herr vom Club vor mir, war sich dieser Tatsache sehr wohl bewusst, denn er trug schon eine Tarnhose. Eigentlich sogar zwei: eine am Körper (in kurz) und eine andere in der Hand (in lang), mit dem Ziel selbige käuflich zu erwerben (für die Juristen: mitschreiben! Motorradzubehörfachläden gehören anscheinend nicht zum von Motorradgangs erpressten Klientel: dort wird korrekt eingekauft und bezahlt.). Mir lag ein „Hach, wenn man die Figur für solche Hosen hat“ auf der Zunge, hatte aber Bedenken, dass der Herr dies falsch auffassen könnte und da ich nicht weiß, was „Oh, meinen Sie? Das ist zwar nett, aber ich sehe es ein bisschen anders“ in seiner Sprache heißt, mir aber grob vorstellen kann, in welche Richtung das tendieren könnte, habe ich schön die Schnauze gehalten.

Seelenverwandschaft mit einer Zecke

Da wacht man auf und die kleine Katze steht Schnauze an Nase vor einem und man denkt so im Halbschlaf: „Och nö, geht das jetzt schon los mit Pubertät, Gezicke und dem ganzen Piercingkram. Seit wann hat die so eine Kugel am Ohr?“ Tatsächlich ist man dann sehr schnell hellwach, wenn man erkennt, das die Kugel eine randvoll vollgesaugte Zecke ist, die kurz vor dem Absprung ist.

Zecken können locker eine Woche unter Wasser überleben, weshalb mein Plan, dieses eklige Etwas mal ein paar Stunden in ein Wasserglas zu versenken als nicht zielführend angesehen, abgebrochen und auf Eis gelegt wurde. Verbrennen funktioniert wohl ganz gut, aber in den seltensten Fällen hat man ein loderndes Feuer in der Nähe, wenn man es mal braucht….

Letztendlich habe ich die Zecke zwischen ein paar Zeitungsseiten gelegt und mit einem Wasserglas zerdrückt. Das Geräusch einer platzenden Zecke ist erstaunlich laut, das Bild, das sich einem nach Aufschlagen der Zeitung darbietet ist furchtbar, weil sehr blutig. Wie ein Unfall, bei dem ein Blutreserventransporter beteiligt ist, also mit viel mehr Blut als die Beteiligten selbst hergeben würden.
Diese Zecke ist jedenfalls aus dem Rennen. Aber wo die herkam gibts noch mehr: die kleine Katze hatte vorhin schon wieder eine. Diesmal aber eine kleinere, die noch nicht randvoll mit Blut war. Das Geräusch beim Zerquetschen war auch viel dezenter.

Die Zecke heute morgen war übrigens so dermaßen randvoll mit Blut, dass sie prall und vollgefuttert da lag, sich deshalb aber keinen Millimeter mehr aus eigener Kraft fortbewegen konnte. Da fühlte ich schon so eine kleine Seelenverwandschaft… kennt man ja von sich selbst nach einer ausgiebigen Völlerei. Richtig eng waren unsere Bande dann aber doch nicht, deshalb: Zeitung + Wasserglas.