Gefangen auf den Malediven

Vorhin auf Spiegel Online gelesen, dass noch Hunderte Reisende auf den Malediven festsitzen. Die Ärmsten, das ist natürlich tragisch. Gefangen im Paradies. Da ist Lagerkoller vorprogrammiert. Man kann sich die dramatischen Szenen richtig vorstellen.

„Was gibts heute zu essen? Fisch? Schon wieder Fisch??? Ich kann keinen Fisch mehr sehen!“

„Beschissener Sonnenuntergang! Keiner will Dich sehen! Vom mir aus kannst Du den ganzen Tag hier bleiben, dämliche Sonne. Oder für immer wegbleiben. Mir egal!“

„Ohhhhrrrrrrr, regnet es auf dieser verkackten Insel eigentlich nie??? Immer nur Sonne, Sonne, Sonne. Wieso wachsen diese blöden Palmen eigentlich? Brauchen die keinen Regen? Was sind das für Palmen? Trockenpalmen, oder was? Und überhaupt… Palmen. Ich hasse Palmen!“

„Giesela, ich hasse Dich!“ „Ach, Bärchen, lass das doch nicht so an Dich ran, dass wir hier festsitzen.“ „Das hat damit nichts zu tun, ich hasse Dich auch so!“

„Da draußen springen schon wieder diese verfluchten Delfine im Meer rum. Die machen sich über uns lustig! Geht weg, ihr Mistviecher. Ihr seid doch auch nur schwule Haie!“

Und kaum hat man sich beruhigt, wird einem das Frühstück unter der Tür durchgeschoben. Es gibt Fisch…

Das ist alles nicht schön und anstrengend, aber auch wenn man das Pech hat, aktuell auf den Malediven zu sein und nicht weg kann, sollte man immer daran denken, dass andere noch schlimmer dran sind.

Irgendwo sitzt zum Beispiel ein junges Mädchen und starrt durchs Küchenfenster hinaus in die Freiheit, in die sie wegen Corona gerade nicht darf. Wie gerne würde sie sich mit Freundinnen treffen, ein bisschen quatschen, sich gemeinsam Schminktutorials bei YouTube anschauen und andere Jungemädchendinge tun. Geht aber nicht, weil sie in diesem Haus gefangen ist.

Eine schwitzige Hand legt sich auf ihre zarte Schulter und reißt sie jäh aus ihren Träumen.

„Was ist los, Mädchen? Ist Dir langweilig?“

„Ach, neee, hab nur das tolle Auto in der Auffahrt angeschaut, das ich Dir geschenkt habe.“

„Das war eine tolle Aktion. Schau ich mir immer wieder an und dann wird mir ganz warm ums Herz, weißt Du…“

Sie weiß, was jetzt kommt. Sie schließt die Augen und versucht zumindest halbherzig zu lächeln, als eine Stimme in ihr Ohr säuselt: „Genaugenommen ist mir jetzt auch schon wieder warm…. Dir nicht, Laura-Mäuschen?“
„Doch, mir auch, Michael. Und wie“, seufzt sie und folgt dem alten Mann mit dem schwarzgefärbten Haar Richtung Schlafzimmer. Eigentlich wäre der Virus ja für ihn gefährlicher als für sie, denkt sie, aber erschrickt dann doch über sich selbst. Aus dem Schlafzimmer hört sie ihn leise singen „Sie liebt den Diiiiiiiii Jaaaaaaayyyyy“… andererseits ….

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