Erdbeermörder

Früher waren es Ratten, die die Pest in die Welt trugen und unzählige Menschen dahinrafften. Heute ist Ehec die Pest und übertragen wird sie durch Gülle aus Holland und den Erdbeerverkäufern, die allerorten am Straßenrand oder vor Supermärkten stehen und ihre ungewaschenen, von holländischer Gülle gedünkten Rotfrüchte in höchst viraler Form an die Leute verteilen. Man sollte die Verkäufer mal fragen, ob ihnen eigentlich klar ist, was sie da tun.

———-

Sie Schwein! Mörder! Ja, genau! Ein Erdbeermörder sind Sie!

Was?

Ich habe Sie durchschaut! Sie stehen bei den Holländern in Lohn und Brot und ihr Ziel ist es, uns alle zu verseuchen mit ihren fröhlich-frisch leuchtenden Erdbeeren, aber mich kriegen Sie nicht! Mich nicht!

Wie bitte?

Ja klar, leugnen Sie ruhig, wie man es Ihnen in den holländischen Geheimtraininscamps für Erdbeerterroristen beigebracht hat.

* Erstaunter Blick. Alles eingeübt! *

Auf dem Schild sollte Ehec-Beeren statt Erdbeeren stehen!

* Noch erstauntere Blicke. Der Mann ist gut *

Jetzt tun Sie doch nicht so. Sie wissen doch genau, dass diese Dinger voller Ehec-Erreger sind. Sie wollen uns vergiften, verseuchen und meucheln. Sie sind erst zufrieden, wenn wir mit Bauchkrämpfen und blutigem Stuhl vor Ihnen liegen. Wahrscheinlich würden Sie mir noch kurz den Puls messen und wenn der weg ist, schicken Sie eine SMS an Ihre holländischen Schergen, damit die Ihnen die Kopfprämie auf Ihr Konto in Luxemburg überweisen.

* Es ist unglaublich, wie erstaunt manche Leute schauen können *

Da staunen Sie, was? Ich weiß alles! Hah!

———-

Ich will keine Paranoia schüren, aber die Holländer mit ihren Wohnwagengespannen, die man auf der Autobahn so überholt, haben in letzter Zeit schon ein komisch-wissendes Lächeln auf den Lippen, wenn man an ihnen vorbeizieht. Vielleicht sollte man jeden Erdbeerverkäufer zwingen selbst eine seine Erdbeeren zu probieren, bevor man sich ein Schälchen kauft. Wenn er das verweigert oder darauf beharrt, die Erdbeere vorher in heißes Wasser zu tauchen, sollte einem das zu denken geben…

Es reicht! Die armen Kinder!

Jeden verdammten Montag ist immer wieder auf der gleichen verdammten Strecke ein Unfall. Immer. Jedesmal. Und jeden verdammten Montag fahre ich von der Autobahn ab und tuckere durch Ortschaften, denen es gar nicht so recht ist, dass man durch sie hindurch tuckert. Zumindest sind in jeder zweiten große Plakate an Häuserwänden angebracht, auf denen “10000 Autos am Tag!” und “Es reicht” steht. In manchen Ortschaften wird auch noch die allseits beliebte Kinderkeule ausgepackt: “Smog und Lärm tut Kindern nicht gut” oder ähnliches. Teilweise sind die Plakate in gefühlten 10 Punkt Arial beschriftet. Insofern braucht man sich nicht wundern, wenn zu Smog und Lärm auch noch Auffahrunfälle aufgrund von plötzlichen Bremsaktionen Lesefreudiger, aber an der Schriftgröße Verzeifelnder den Kindern nicht nur nicht gut tun, sondern sie auch noch verängstigt zurücklassen.

Ich sollte da außen vor sein. Nachdem ich jeden verdammten Montag durch diese Käffer tuckere, kenne ich die meisten Plakate schon auswendig und wenn vor mir einer in die Eisen steigt, um genauer nachzulesen, um was es da geht, kann ich ihm den Text mittlerweile zubrüllen. “Idiot! Da steht, dass es den Leuten nicht recht ist, dass wir hier sind. Also mach hin, damit wir schnell wieder wegkommen. Damit tun wir den Leuten und auch mir einen Mördergefallen!” Und bei Nichteinsichtigkeit kommt die Kinderkeule: “Und die Kinder! Denk doch mal an die Kinder, Mann!”

Herr Rach, kommen Sie! Schnell!

Vor vielen Jahren war dieser beschauliche Ort eine Hochburg der Pizzaszene. Zeitweise hatten wir drei Pizzerien in einer Straße. Irgendwann flaute das Ganze ab und der Hype um die italienische Teigwaren war dahin. Außerdem gab es mehr und mehr pakistanische Italiener, die in ihren hygienisch grenzwertigen Lokalitäten neben Burgern (amerikanisch), Tortillas (mexikanisch), Hühnchen Bombay (indisch), Nasi Goreng (chinesisch) auch Pasta und Pizza (italienisch) zum Verzehr anboten und auch noch frei Haus lieferten (ab 20 Euro eine 2-Liter-Flasche Rostentferner aka Lambrusco kostenlos). Immerhin hielten sich noch zwei der alteingesessenen Pizzerien einigermaßen über Wasser (San Pellegrino, nehme ich an). Die Wirtin in dem einen Laden schaute immer wie die Korsen bei Asterix in Korsika, so als hätte man sie irgendwann mal schwer beleidigt, so schwer, dass sie das bis ans Ende ihrer Tage nie mehr vergessen könnte und um einem klarzumachen, wie tief diese Beleidigung sitzt, wie tief dieser giftige Stachel sich in sie gebohrt hat, bestrafte sie einem mit diesem korsischen “Du hast mich beleidigt”-Blick. Was für eine Beleidigung das auch immer gewesen sein könnte: sie bezog sich sicher nicht auf die Pizzen, denn die waren äußerst lecker. Das wären sie heute bestimmt immer noch, hätte es da nicht einen bösen Streit zwischen Vater und Sohn gegeben – mit einem für hiesige Verhältnisse dramatischen Finale: der Sohn erschlug den Vater und zündete ihn anschließend auch noch an. Somit war die Küche verwaist, da Senior-Koch tot und Junior-Koch im Knast. Eine Küche ohne Köche ist aber wie ein Kondomautomat im Vatikan: ziemlich nutzlos. Außerdem war die italienisch-korsische Witwe natürlich geschockt ob der Ereignisse und nicht gewillt den Laden weiter zu führen. Mittlerweile ist in den Räumlichkeiten eine 24-Std-DVD-Ausleihstation. Grundsätzlich super, nur leider wenig lecker. Bei manchen DVDs sogar eher geschmacklos.

Somit haben wir also von ehemals drei Pizzerien in dieser Straße nur noch eine. Die war all die Jahre auch nicht die schlechteste und man konnte da guten Gewissens jemanden hinschicken oder auch selber mal hingehen. Das Konzept “Lieferservice” hat man dort zwar auch irgendwann übernommen, aber mit 40 Minuten Lieferzeit im Optimalfall für die paar Meter anscheinend nie verinnerlicht. In 40 Minuten verköstigen die pakistanischen Italiener sämtliche Fußballmannschaften im Umkreis von zehn Kilometer. Aber egal, die Pizzen sind immer noch ziemlich gut.

Gestern habe ich dort etwas bestellt: zwei nicht sonderlich komplizierte Pizzen, ein gemischter Salat, keine Sonderwünsche. Bei der telefonischen Bestellannahme kein pakistanischer Akzent (Esra ksese? Mit schaf?) und alles kam richtig an. Alles fertig in 30 Minuten hieß es (insofern kommt es mit 40 Minuten Lieferzeit eigentlich auch hin. Müssen die Fußballmannschaften eben weiterhin bei den anderen bestellen) und somit war ich 30 Minuten später vor Ort. Leider auch diverse Gäste eines hier stattfindenden Trike-Treffens plus ein paar anderen Gästen. Das Restaurant war zu 70 Prozent belegt, würde ich mal sagen. Trotzdem hatte die Herrin des Hauses, die eine andere ist, als ich in Erinnerung habe, wie sie sagte “Stress bis zum Abwinken” und somit war auch meine Bestellung weder fertig noch überhaupt in der Mache. Nicht schön, aber auch kein Beinbruch (wurde aber geistig dennoch notiert für weitere anstehende Geschäftsverbindungen. Wenn sich solche Aktionen häufen, haben die pakistanischen Italiener bald mehr zu tun). Man steht dann eben rum, wartet und hat Zeit sich mal umzuschauen. Selbstgemachtes Eis gibt es dort anscheinend nicht mehr. Dafür viel Chaos hinter der Theke mit leeren Flaschenkartons, herumstehenden Flaschen, diversem Krimskrams und Spinnweben an den Ziegeln, des mediterran wirkend sollenden Ambiente. Wen man das so sieht, überlegt man sich zweimal, ob man eine Pizza Funghi bestellt, weil man sich nicht sicher sein kann, ob da nicht eine Margherita einfach nur einmal über die Theke gezogen und quer durch den Raum gewedelt wird.

Deshalb: Kommen Sie mal vorbei, Herr Rach! Schauen Sie sich um, trauen Sie sich in die Küche und helfen Sie! Aber bloß kein Streit vom Zaun brechen: da leben Pizzabäcker hier am Ort nicht mehr lange und wenn der Laden auch noch zumacht, haben die pakistanischen Italiener das Monopol. Die Preise werden in exorbitante Höhen klettern; genau wie die Lieferzeiten. Das wollen wir natürlich auch nicht.

Gelber Staub

Trotz des Regens gestern und teilweise auch heute ist er noch da: der gelbe Staub. Nicht mehr so offensichtlich wie die Tage davor, aber dennoch: alles hat einen leichten Gelbschimmer. Sieht scheiße aus und nervt. Dank diesem Artikel weiß ich nun auch, dass dieses Zeug “eine Mischung aus Blütenpollen und Ausscheidungen von Insekten” ist. Blütenpollen wäre ja noch ok. Zartes Gewese üppig blühender Blümchen. Das hat ja schon fast was Lyrisches (auch wenn die gelbe Farbe vom Raps kommt und der ja nun einem ganz anderen Revier enspringt als Lyrik, aber seis drum). Dass da aber noch Ausscheidungen von Insekten mitwabern… Pfui bäh! Muss das sein? Da ziehen gelbe Wolken aus Rapsausdünstungen, durchmischt mit Insektenscheiße durchs Land? Na super.
Ich werde den Mist nicht auch noch unterstützen! Das Rapsöl fliegt raus und was ich mit den freikackenden Insekten anfange überlege ich mir noch. Aus biblischer Sicht müsste ich ja …Auge um Auge und so …aber nee, das lass ich denn lieber mal.

Grillen Teil II

Grillen ist ganz einfach, sollte man meinen, wenn man sich die Kandidaten so anschaut, die das können. Mit Müh und Not den Alkoholpegel auf ein Niveau gebracht, damit sie nicht schon beim Grillaufstellen auf den Rost kotzen aber am Ende sieht das Zeug dann doch ganz manierlich aus. Grillen kann also jeder.

Stimmt so nicht: ich habe jetzt schon zum zweiten Mal das Problem, dass die Kohle nicht heiß genug wird bzw. bleibt. Vielleicht liegt es an der billigen Kohle, vielleicht nehme ich zuwenig davon. Immerhin glühen sie jetzt, was einzig und allein diesem großartigen Anzündkamin zu verdanken ist …wobei es mir ein Rätsel ist, warum besagte Herren mit dem Alkoholspiegel einer ganzen Horde flatratesaufender Teenies das auch ohne hinkriegen. Das Glühen meiner Kohlen hält aber nicht wirklich lange vor und so richtig heiß ist es auch nicht lange. Zumindest nicht lange genug. Und irgendwann gefrustet dann doch noch die Pfanne aus dem Schrank zu holen und das Grillgut zum Pfannengut umzufunktionieren kann ja auch nicht die Lösung sein.

Beim Anzündkamin (Der übrigens großartig ist. Erwähnte ich das bereits?) ist ein 2-Kilo-Sack beste Weber-Kohle dabei. Die kommt beim nächsten Mal zum Einsatz und zwar die komplette Tüte. Ich bin gespannt, wie das wird. Sicherheitshalber besorge ich schon mal Unmengen an Fleisch. Wenn die Kohle nämlich wirklich bis zu vier Stunden powert, muss genug Grillmaterial da sein. Was übrig ist wird eingefroren. Machen die im Laden ja auch nicht anders.

Die Schweizer nennen es übrigens grillieren

…aber die Schweizer sind in vielem seltsam. Die werden ja schon pampig, wenn irgendwelche andere Länder behaupten, sie hätten eine bestimmte Bonbon-Sorte erfunden. Dann schicken sie einen kleinen Bürokraten los, der die Sache klarstellt. Schon alleine um dem Kerl nicht begegnen zu müssen, werde ich niemals nie behaupten, dass ich es war, der Ricola erfunden hat.

Bei uns nennt man es nicht grillieren, sondern einfach nur grillen. Das ist an Tagen wie diesen Volkssport und im Supermarkt am Ort kommt man nicht nach, Fleisch aufzutauen, es in Marinaden zu ersäufen und ins Kühlregal zu stellen. Das stimmt: auf den Verpackungen steht “aufgetaut”. Sogar in einigermaßen großer Schrift. Viele werden es trotzdem nicht lesen und sich das aufgetaute Zeug auf die Webergrille hauen. Ob es gut oder schlecht ist aufgetautes Fleisch zu nehmen sei mal dahin gestellt, aber letztlich gehe ich in den Laden um mir einigermaßen frisches Fleisch zu besorgen. Auftauen und in ranzigen Yoghurt mit vertrockneten Gewürzen einlegen würde ich auch noch hinkriegen. Nur mit dem Schlachten haperts. Ansonsten hätte ich wahrscheinlich auch noch Kühe im Garten für die Frisch-Grillfleischversorgung. Aber da es auch ziemlich fies wäre, so eine Kuh für ein paar Steaks zu erschießen, lasse ich das lieber. In den Laden kommen aber viele Leute, die keine eigenen Kühe, dafür aber Lust auf Steaks haben. Somit lohnt es sich die Kuh zu meucheln. Da kann man dann um einiges mehr von ihr verwerten und sie ist nur für den schnellen Grillgenuss eines einzigen gestorben und verendet mehr oder weniger körperlich unversehrt – sieht man von den zwei herausgeschnittenen Steaks ab. Und der Schußwunde in der Stirn. Ok, die Ohren würde ich vielleicht auch abschneiden. Da kann man bestimmt ein lustiges Faschingskostüm draus basteln. Aber trotzdem: viel Tod für wenig Steak. Dann doch lieber in den Laden. Dort wartet man, bis sich genug Interessenten gefunden haben. Dann geht der Azubi nach hinten, erschießt die Kuh und kommt mit feinstem Fleisch zurück an die hygienisch astreine Fleischtheke. Wer mariniertes Fleisch will kriegt das von der Kuh von gestern, das über Nacht feinste Ziegenmilch und würzige Kräuteraromen in seine Poren aufgesogen hat. Sollte man zumindest meinen, aber nein: die tauen da irgendwas auf.

Ich habe mich dann für Bio-Hackfleisch entschieden, verpackt unter Schutzatmosphäre (was auch nicht gut ist, aber was will man machen). Das wird dann morgen grilliert äh gegrillt. Es ist übrigens gemischtes Hackfleisch. Somit musste also nicht nur eine Kuh, sondern auch noch ein Schwein meinetwegen dran glauben. Ich schätze das gibt Abzug bei den Karmapunkten.

Stau

Heute morgen, kurz nach Sieben auf der Autobahn. Auf der Gegenfahrbahn steht ein weißer BMW schräg auf der Fahrbahn, am Seitenstreifen, bzw. noch ein gutes Stück weiter in der Böschung steht ein Lastwagen mit Anhänger. Erster Gedanke: Autsch, hoffentlich sind alle Beteiligten unverletzt. Aber es ist kein Rettungswagen weit und breit zu sehen und die Polizei stiefelt ziemlich entspannt an der Unfallstelle herum. Deshalb zweiter Gedanke und schon einige Kilometer weiter beim Blick auf den Megastau: Das müsst ihr positiv sehen, liebe Stausteher: lieber ihr als ich.
Es entspannt ungemein, wenn man selbst einigermaßen zügig seinem Ziel entgegenbrettern kann, während linkerhand die Zeit stillzustehen scheint – und wenn es die Zeit schon nicht tut: die Autos taten es.

Tja, und dann kam die A81 und mit ihr 30 Kilometer Stau. Und ich mittendrin. Da meint man schon alle Flüche im deutschsprachigen Raum zu kennen, aber siehe da: plötzlich fallen einem noch ganz viele neue ein.
Die erste Ausfahrt vor dem Stau hatte ich verpasst, bei der zweiten bin ich raus; genau wie ganz viele andere vor, nach und gleichzeitig mit mir. Auf soviele Fahrzeuge auf einmal ist die schwäbische Prärie aber leider nicht eingestellt. Deshalb war zusätzlich zur Autobahn auch noch auf sämtlichen Nebenstraßen Stau. Super Sache. Dadurch steht man sehr lange in Käffern rum, die man ansonsten nie durchfahren hätte. Man weiß auch sehr schnell, warum man bisher nie auf den Gedanken kam, dieser Einöde einen Besuch abzustatten.

Irgendwann hat man auch das letzte Kaff erfolgreich hinter sich gelassen und in der Ferne zeichnet sich so etwas ähnliches wie Zivilisation ab. Es folgt innerliches Frohlocken und das gute Gefühl dem Ziel ein Stückchen näher gekommen zu sein. Dann liest man das Ortsschild: Bietigheim-Bissingen. Die Brutstätte des Teufels. Plötzlich kommt einem die immer höhere Plakatierungsdichte des Pur-Jubiläumskonzerts (am Viadukt) in den Sinn. Oh Gott. Mittendrin im Abenteuerland…glücklicherweise nur im Randbezirk und am Kern dieses unsäglichen Ortes vorbei.

Der Rest der Reise verbringt man hinter dem Lastwagen eines Tiefkühltortenherstellers und dem Opel Irgendwas einer frustrierten Mittfünfzigerin. Wenn man dann um kurz vor Zehn die heiligen Hallen der Fabrik betritt, verspürt man tatsächlich so etwas wie Erleichterung. Dieses Gefühl hält ungefähr 2,4 Sekunden an und die letzten Reste spült der Automatenkaffee ins Nirwana.

Im Feindeslager

Es war leer beim Frisör. Das ist nicht oft der Fall zu den Uhrzeiten, an denen ich dort auftauche. Eine Chance, die man nutzen muss. Also strammen Schrittes durch die Tür, ein fröhlichen “Guten Abend” in die kleine Runde geträllert und mit dem iPhone lustige Dinge tuend auf dem unbequemen, kunstbelederten Stuhl Platz genommen. Der Herr, der noch haartechnisch beschnitten wurde, war bald fertig. Genau genommen hätte ein kräftiger Windstoß gereicht, um den dezenten Flaum ins coiffeurische Nirwana zu pusten. Er bezahlte, die paar Flusen auf dem Boden wurden zur Seite gewischt und schwupp war ich auch schon dran.

Nun sitzt man also da. Einen Papierstreifen straff um den Hals und diesen Plastikponcho noch straffer darübergeschnallt.
“Wie soll’s sein?” “Maschine, 9mm, der Rest von Hand.” Hm. Das klingt fast wie ein Auftragsmord, wenn man es sich recht überlegt. Je nach Frisör kann es auch ähnlich aussehen. Ich war aber schon einmal bei dieser Dame und da es dabei zu keinen größeren Verletzungen kam, war auch diesmal so etwas wie ein Grundvertrauen da. Es wurde jäh erschüttert.

Mit der Schere nahe meinem Ohr, eingehüllt in diesen unsäglichen Plastikumhang – also mehr oder weniger vollkommen wehrlos – fing sie auf einmal an, wie enttäuscht sie sei. Mein erster Gedanke war: “Super, noch eine Psychopathin. Als ob ich davon nicht schon genug um mich herum hätte.” und ich wollte schon jeglichen näheren Kontakt mit ihr ausdrücklich dementieren oder, je nach Reaktion und Gegenwehr, zumindest einfach mal Zeit gewinnen, indem ich mich für alles entschuldigte, was ich ihr jemals angetan hätte. Sie sei so enttäuscht wegen den Wahlen gestern. Aha, also tatsächlich eine Psychopathin. Aber immerhin ging es nicht um mich persönlich.

Wenn Leute dumme Dinge sagen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Man kann zum Beispiel versuchen, sie darauf aufmerksam zu machen, dass das, was sie gerade sagten dumm war. Grundsätzlich eine gute Sache, empfiehlt sich aber nicht bei Psychopathinnen, die mit Scheren an einem herumfummeln. Ich wählte deshalb eine Alternative: ignorieren. Das hätte auch wunderbar funktioniert, hätte sie mich nicht nach meiner Meinung gefragt …aber was sind schon eine verhunzte Frisör, ein Schnitt ins Ohr und eine kleine Stichwunde im Nacken gegen die Genugtuung diese Worte in der Öffentlichkeit sagen zu können: zum Glück ist dieser dämliche Mappus weg*!

* Sie hat mir natürlich weder ins Ohr geschnitten, noch die Schere in den Nacken gerammt, geschweige denn ihren Edenkodex als Frisörin mit einer verhunzten Frisur verletzt. Aber ich befürchte, sie war danach zusätzlich zum Wahlausgang auch noch von mir enttäuscht. Aber da kann man nichts machen.

Hausmüllentsorgung

Beim Vorbeigehen wundere ich mich noch, dass die Frau den Einkaufswagen soweit weg vom Wagen hat. Das macht doch keinen Sinn, dass sie ihre Einkäufe zwei Meter weit zum Kofferraum schleppt. Aber mittlerweile ist dieser Impuls über Sinn und Unsinn bei den Handlungen der hier lebenden Menschen sehr kurz und somit ignorierte ich die Frau, den Wagen und die Situation. Ein paar Sekunden später startet ein Motor und die Frau rauscht in ihrem Kombi rauscht an mir vorbei. Davon gänzlich unberührt, nicht überrascht oder gar geschockt steht einsam und verlassen der Einkaufswagen immer noch an der gleichen Stelle und darin weiterhin die Dinge, die ich für Einkäufe der Frau hielt. Beim genaueren Hinsehen entpuppt es sich allerdings als eine leere Cornflakes-Schachtel, eine leere Flasche Hochprozentiges, zwei kaputte Shoppingtaschen, diverses Verpackungsmaterial… also ein Berg an Hausmüll. Daraus ergeben sich zwei Szenarien:

1. Diese Dame hat ihren Hausmüll reichlich unelegant, aber immerhin effizient entsorgt, indem sie ihn in den Einkaufswagen eines Supermarktes packt und einfach auf dem Parkplatz stehen lässt. Dafür spricht, dass sie an dem Wagen herumnestelte, als ich daran vorbeiging. Ich vermute, sie versuchte dem Wagen das Eurostück zu entreissen, das es braucht, um ihn aus der Einkaufswagenkette zu befreien. Ich hätte nachschauen können, ob noch eins drin steckt, aber ruckzuck wäre ich einer der Hauptverdächtigen in diesem Müllentsorgungsskandal gewesen und das wäre mit das Letzte, was ich gerade bräuchte.

2. Der Müll wurde schon vorher entsorgt und die Dame warf einen Blick in den Wagen, um zu sehen, ob nicht noch etwas Brauchbares dabei ist. Klingt abwegig, aber ich habe schon Pferde kotzen sehen. Es wäre eine Möglichkeit.

So oder so: dieses Rätsel wird sich wohl nicht so leicht lösen lassen. Es sei denn, ich erwische die gute Frau beim nächsten Mal. Vielleicht erpresse ich sie dann: mein Auto hätte z.B. eine Wäsche bitter nötig und was ist schon das bisschen Autoputzen gegen ein lebenslanges Hausverbot im einzigen Rewe weit und breit.

Urlaub 2011

Jetzt mal unabhängig von der Wichtigkeit der Sache an sich, aber: was machen denn die ganzen Frühbucher und Stammurlauber der aufmüpfigen nordafrikanischen Staaten? Tunesien und Ägypten waren ja durchaus nennenswerte Reiseziele, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass da in den nächsten Wochen oder Monaten jemand hingeht. Die Reisen werden ja größtenteils schon von den Veranstaltern storniert. Somit kommen also in den kommenden Reisesaisons Unmengen an Urlaubern, die eigentlich dorthin reisen wollten nun plötzlich auf andere Ziele, sprich es wird eine erhöhte Nachfrage nach Balearen-, Kanaren- und sonstigen Trips (da speziell die Holländer) geben. Und das nicht nur in Deutschland, sondern Europaweit. Verkraften das die restlichen Urlaubsgebiete oder verteilt es sich? Keine Ahnung, aber es wird sich zeigen.

Ich plane für mich schon mal einen Trip nach Sachsen ein: andere Kultur, eine fremde Sprache und ich freue mich, wenn ich wieder daheim bin. Ist ja fast wie Tunesien oder Ägypten, nur nicht ganz so heiß und ohne Durchfall.