Rebell in schwarzer Angora-Unterwäsche

Dieses Wochenende werden also wieder die Uhren umgestellt. Furchtbar. So langsam gehen mir auch die Plätze aus, wo ich die Uhren noch hinstellen könnte. Die waren mittlerweile alle schon überall. Im Zweifelsfall stelle ich sie einfach irgendwohin, auch auf die Gefahr, dass die Uhr da schon mal war. Kontrolliert ja eh niemand, zumindest bisher nicht.
Das zweite große Ärgernis ist die Uhrzeit: Um 3 Uhr ist kollektives Herumgeschraube an der Uhr angesagt und zwar nach links, damit da auch schön 2 statt 3 Uhr steht. Früher war das gar kein Problem. Da ist man um halb Drei mal kurz von der Kneipe oder der Party nach Hause, hat die Uhren auf 2 Uhr zurückgedreht und dann ging es zurück in die Kneipe oder auf die Party. Und weil es plötzlich gar nicht mehr so spät war („Hey, ist ja erst kurz nach 2! Hammer!“), freute man sich und feierte man einfach weiter.
Heutzutage liege ich um 3 Uhr üblicherweise schon selig schlafend im Bett und träume, eingepackt in Angora-Unterwäsche, von der Wärme der Sonne an einem feinsandigen Strand und natürlich von Meeresrauschen – letzteres wahrscheinlich inspiriert vom Blubbern aus dem Glas mit dem Reinigungstab für die Dritten, das auf dem Nachttisch steht. Es ist ein schöner Traum, mit einem herrlichen Strand. Ein Strand, wie aus dem Bilderbuch. Der Sand ist genauso wie er sein soll: nicht so grob, dass er an den Fußsohlen drückt, aber auch nicht so dünn, dass man bis zum Knöchel einsinkt. Außerdem hat er genau die richtige Temperatur – nicht zu heiß, sondern angenehm warm. Palmblätter dämpfen das Licht der Sonne, dazu weht eine warme Brise. Man schmeckt den Hauch von Salz, den sie vom Meer mitgebracht hat. Zwei Fischerboote sind am Horizont zu sehen. sie kommen ihrer morgendlichen Tour zurück. In den Körben die Fische, die später auf dem Grill landen werden. Plötzlich taucht ein Kellner auf. In seiner Hand hat er ein großes, rundes Ding. Was ist das für ein Ding? Und warum ist es so laut???
Das ist der Moment, in dem ich aufwache, weil mein Wecker klingelt. Es ist kurz vor Drei. Zeit aufzustehen und die Finger zu lockern, damit das Umstellen der Uhren schnell vorbei ist. Wobei… mittlerweile ist es ja viel weniger Arbeit als früher: die Uhr auf 2 Uhr zurückdrehen muss man dank Funktechnologie nur noch bei den wenigsten Modellen. Bleibt das Umstellen an sich, aber vielleicht erspare ich mir das diesmal auch: kontrolliert ja wie gesagt eh niemand. Wobei: wahrscheinlich klingelt dann das erste Mal in meinem langen Uhrenumstellleben die Uhrenumstellpolizei und kontrolliert, ob bei mir auch alles ordnungsgemäß vonstatten ging.
„Haben Sie heute Nacht auch tatsächlich alle Uhren umgestellt?“ Nun könnte ich lügen, denn: die wissen ja nicht, wo die Uhren vorher standen, aber das klappt nicht. Wenn ein offizieller Uhrenumstellkontrolleur vor mir stünde, würde ich wahrscheinlich heulend vor ihm auf die Knie gehen und „Es tut mir leid, Herr Uhrenumstellpolizeibeamter… ich war aber doch so müde und wollte wieder ins Bett“ schluchzen. Aber das interessiert die natürlich nicht. Die werden in ihrer Ausbildung auf Nicht-Uhrenumsteller und deren Ausflüchte trainiert. Denen entkommt man nicht. Keine Ahnung was dann mit mir passieren würde. Wäre aber interessant zu wissen. Da wünscht man sich ja fast, dass die wirklich am Sonntag Morgen auf der Matte stehen. Zur Sicherheit lasse ich die Uhren tatsächlich alle an ihrem Platz stehen. Hah!

Boah, bin ich ein Rebell. Unglaublich. Vielleicht sollte ich mir mal schwarze Angora-Unterwäsche zulegen, um dieses Rebellische in mir auch visuell zu unterstreichen.

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