Duftkerzen, Duftbäume, Aromaöllampen – die Wunderwelt der künstlichen Düfte

Mitte der Siebziger war die große Zeit der Wunderbäume. Es gab eigentlich nur zwei relevante Farben, respektive Sorten. Gelb = Zitrone, grün=Kiefernnadel, wobei letzteres die Ur-Version des Einweg-Riechstoffverbreiters ist. Tatsächlich verhält es sich bei diesen beiden Gerüchen wie mit sämtlichen anderen Gerüchen, die künstlich für Duftkerzen, Aromaöle, Geruchsübertüncher wie Febreze und Co., Duftsprüher in Toiletten, Raumsprays, eben jenen Wunderbäumen und sonstigem, vermeintlich wohlriechenden Kram, chemisch kreiert werden: sie riechen nie wie das Original. Mir kann doch keiner erzählen, dass eine Zitrone so riecht wie ein gelber Wunderbaum oder eine Duftkerze “Erdbeeraroma” wie eine Erdbeere. Trotzdem funktioniert es: man assoziiert den Geruch mit der entsprechenden, aber eigentlich völlig anders riechenden Frucht. In Heidelberg gibt es in direkter Nähe zur Autobahn ein Unternehmen, das Aromastoffe (und ein sehr bekanntes Zucker-Wassergemisch in Alubeuteln) herstellt. An manchen Produktionstagen riecht es beim Vorbeifahren sehr nach Apfel, aber eben nicht nach echten Äpfeln, sondern nach dem Geruch, den viele vielleicht noch vom legendären Apfelshampoo kennen, das in Kindertagen immer Samstags am Badetag zum Einsatz kam. Äpfel kamen bei dem Produkt höchstens mal in die Nähe, wenn der Vorarbeiter einen für die Frühstückspause in seiner Brotbox hatte. Ansonsten herrschte völlige Apfellosigkeit. Und genauso verhält es sich mit den oben genannten Duftprodukten. Keine Vanille in der Vanilleduftkerze, kein Zimt im Zimt-Aromaöl, kein neues Auto im Wunderbaum “New Car”.

Aber letztendlich ist es auch egal. In der Weihnachtszeit fühlt es sich gleich noch ein bisschen wohliger (oder hyggeliger wie man im Neudeutschen dazu sagt) im heimischen Heim an, wenn der zwar gefakte, aber dann doch so wahrgenommene Geruch nach “Bratapfel” von einer zart vor sich hin flackernden Kerze im Raum verteilt wird. Und wieviele Wohnungen würden unnötig oft geputzt, wenn man den üblen Geruch darin nicht mit ein paar Stößen Febreze wieder einigermaßen auf Werkseinstellungen zurücksetzen könnte? Wieviele ungewollte Schwangerschaften junger Erwachsenen wurden vermieden, weil es den Leuten wegen dem Wunderbaum “Wild Child” viel zu schlecht wurde, um noch an Sex im Auto zu denken? Die Wunderwelt der künstlichen Gerüche ist also eigentlich gar nicht so schlecht und was einem fehlt, wenn sie nicht da sind, wird einem klar, wenn man im Hochsommer mal eine längere Strecke mit dem ÖPNV unterwegs war.

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